CRR II: Ein Umsetzungsfahrplan

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Ausgangslage

Am 16.04.2019 wurde der Kompromiss aus den Trilogverhandlungen zur Änderung der Eigenmittelverordnung und -richtlinie (CRR II und CRD V) durch das Europäische Parlament formell positiv votiert. Der daraus resultierende Umsetzungsaufwand wird für viele Banken von bedeutendem Umfang sein. Dabei müssen die fachlichen, technischen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, um eine fristgerechte Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen sicherzustellen. Nachfolgend geben wir einen kurzen Überblick über die aus der CRR II resultierenden fachlichen Anforderungen an die verschiedenen Meldebereiche und zeigen Lösungswege um die detaillierten Vorgaben zu bewältigen.


Fachliche Anforderungen

> SA-CCR

Für die Berechnung des Kontrahentenausfallrisikos von Derivaten wurde ein neuer, risikosensitiver Standardansatz entwickelt, der die bisherige Marktbewertungsmethode ablöst. In dem neuen Ansatz werden neben dem Netting auch Hedging-Effekte gegenläufiger Positionen berücksichtigt. Von der Aufsicht vorgegeben sind die Hedging-Sätze, denen die Geschäfte der unterschiedlichen Risikokategorien (z.B. Zinsen und Fremdwährung) zugeordnet werden müssen. Während die Berechnung der Wiederbeschaffungskosten (RC) die erhaltenen und gestellten Sicherheiten berücksichtigt, wurde die Berechnung des Aufschlags (PFE) komplett überarbeitet. Darüber hinaus wurde ein Skalierungsfaktor (α= 1,4) eingeführt, der mit der Summe aus PFE und RC multipliziert wird.

> FRTB

Mit der Veröffentlichung der CRR II behält FRTB (Fundamental Review of the Trading Book) weiterhin eine Sonderstellung unter den Neuregelungen, da der Einführungsprozess des neuen Rahmenwerks erwartungsgemäß nicht abgeschlossen wird. So erfolgt durch die CRR II eine Klarstellung über den Zeithorizont der Einführung, jedoch werden grundlegende Entwicklungen des Baseler Komitees für Bankenaufsicht wie die erweiterte Abgrenzung zwischen Handels- und Bankbuch nicht vollständig umgesetzt. Wir gehen davon aus, dass die Meldepflicht für den überarbeiten Standardansatz für große Handelsbuchinstitute bereits am 31.12.2020 beginnen wird. Die resultierenden Kapitalanforderungen werden voraussichtlich erst Mitte 2024 in Kraft treten. Bis Ende dieses Jahres ist zumindest noch ein delegierter Rechtsakt zu erwarten, der weitere Details zur Meldung des Standardansatz liefern sollte.

Die enthaltenen Neuerungen legen schon jetzt die Schwellenwerte für die Abgrenzung zwischen kleinem, mittlerem und großem Handelsbuch fest, die jedoch vorerst nur zur Ableitung der Meldepflicht zu verwenden sind. Die von dieser Klassifikation abhängige Methodik zur Berechnung der Eigenmittelanforderung für Institute mit mittlerem Handelsbuch wird aber noch nicht vorgegeben. Ähnlich verhält es sich auch bei der Methodik des neuen Standardansatzes, welche im Wesentlichen eine Berechnung auf Basis von Sensitivitäten vorsieht. Hierbei werden erste Details zur Berechnung des Delta- und Vega-Risikos in der CRR II veröffentlicht, weitere Spezifikationen wie zum Beispiel die Berechnung des Curvature-Risiko werden aber erst im Rahmen des delegierten Rechtsakts geklärt.

> NSFR

Die CRR II Einführung finalisiert die bereits in der CRR I erstmals definierten Vorgaben zum Nachweis einer stabilen Refinanzierung. Mit der Einführung einer verbindlichen Quote von 100% für den Quotienten aus verfügbarer und benötigter stabiler Refinanzierung legt die Aufsicht eine zu jeder Zeit einzuhaltende Kennzahl fest. Darüber hinaus sind die Gewichtungsfaktoren definiert, die auf die Verbindlichkeiten zur Ermittlung der verfügbaren Refinanzierung (Available Stable Funding, ASF-Faktor) bzw. auf die Aktiva zur Ermittlung der benötigten Refinanzierung (Required Stable Funding, RSF-Faktor) angewendet werden. Weitere Neuerungen betreffen das Netting von Derivaten und SFTs, das nur noch im Rahmen von Netting-Vereinbarung durchgeführt werden darf, sowie die Einführung von ASF- bzw. RSF-Faktoren von 0% für interdependente Aktiva bzw. Passiva. Die der NSFR zu Grunde liegenden allgemeinen Definitionen (bspw. hinsichtlich Liquiditätskategorien und der Behandlung von Einlagen) werden an die derzeit gültige Regulierung zur LCR angeglichen.

> Leverage Ratio

Auch für die Verschuldungsquote wird in der CRR II erstmals eine verbindliche Mindestquote festgelegt, die ab Mitte 2021 jederzeit einzuhalten ist. Das Kernkapital des Instituts muss zukünftig mindestens 3% der Gesamtrisikopositionsmessgröße betragen. Um negative Effekte für Institute mit offensichtlich geringem Risiko zu vermeiden ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich öffentliche Förderkredite von Entwicklungsbanken, Durchleitungskredite und öffentlich garantierte Exportkredite aus der Berechnung der Leverage Ratio auszuschließen. Für einige Institute kann eine dauerhafte Berechnung einer adjusted Leverage Ratio unter bestimmten Bedingungen erreicht werden. In diesem Fall umfasst die Gesamtrisikomessgröße keine Forderungen an Zentralbanken. Darüber hinaus sind derivative Risikopositionen zukünftig mit einer modifizierten Version des Standardansatzes für das Kontrahentenausfallrisiko (SA-CCR) zu berechnen.

> Eigenmittel

Im Bereich der Eigenmittel gibt es einige Neuerungen: Mit Auswirkung auf das harte Kernkapital sind hier besonders die Erleichterung des Verfahrens zur Anrechenbarkeit neu emittierter CET1 Instrumente, deren Anrechenbarkeit in identischer Form bereits in der Vergangenheit genehmigt worden ist sowie die Unschädlichkeit von Ergebnisabführungsverträgen zwischen Mutter- und Tochterinstituten im Hinblick auf das Ausschüttungsermessen und damit auf die Anrechenbarkeit von entsprechenden Kapitalinstrumenten im CET1, zu nennen. Bei den Kapitalabzügen des harten Kernkapitals erreicht man eine zusätzliche Erleichterung bei den immateriellen Vermögensgegenständen durch Nichtabzug von bilanziell aktivierter Software mit Werterhalt im Abwicklungsfall. Gleichzeitig verringert sich die Erleichterung für nicht von der künftigen Rentabilität abhängige Steueransprüche durch Limitierung auf solche Ansprüche, die vor dem 23.11.2016 entstanden sind.

> MREL

Eine der wichtigsten Änderungen im Rahmen von MREL ist die zukünftige Verwendung der RWA (Risk Weighted Assets)- sowie LR-Kennzahlen als Basis für die Nennergröße mit der Folge des Wegfalls der TLOF (Total Liabilities and Own Funds). Darüber hinaus wird die jährliche Meldung um weitere Detailangaben erweitert. Dies betrifft im Wesentlichen die weitere Aufgliederung der Verbindlichkeiten nach Gegenparteien, Laufzeiten und Rang sowie Besicherungen.

> Offenlegung

Mit der CRR 2 wird erstmals klar geregelt wie häufig und in welchem Umfang ein Institut offenlegen muss. Zu diesem Zweck werden Institute in drei Größenklassen (große, kleine und andere Institute) und in Abhängigkeit der Kapitalmarktorientierung kategorisiert. So müssen zukünftig kleine, nicht-kapitalmarktorientierte Institute nur jährlich das neu eingeführte Key Metrics Template offenlegen, was im Vergleich zur bisherigen Regelung ein erhebliches Entgegenkommen von Seiten der EU bedeutet. Im Zuge der Einführung der neuen Vorschriften entfällt u.a. die individuelle Offenlegungspflicht für Töchterinstitute mit einer Bilanzsumme von < EUR 30 Mrd. Desweiteren gibt es neue Offenlegungsanforderungen für MREL und TLAC (Total Loss Absorbing Capacity) sowie für Verbriefungen aufgrund der neuen Verbriefungsregelungen. Auch im Bereich der Liquiditätskennzahlen wird eine erhöhte Granularität bei der Offenlegung gefordert.

> Großkreditmeldewesen

Im Rahmen der Großkreditüberwachung ist die Substitution des Kreditnehmers durch den Garantiegeber zukünftig verpflichtend und muss im Gleichlauf zur RWA-Ermittlung erfolgen. Damit muss auch die Konzentration der Garantiegeber in die Überwachung miteinbezogen werden.
Darüber hinaus wird für die Meldeschwelle der Großkredite nur noch auf das Kernkapital abgestellt (Grenze bleibt bei 10%). Bei der Ermittlung einer Nettokaufposition wird nicht mehr nur nach Emittent unterschieden, sondern zusätzlich nach Art des Finanzinstruments.

Herausforderungen und Zeitplan

Die große Menge der beschlossenen fachlichen Neuerungen wird bei den betroffenen Instituten unweigerlich zu erheblichem Umsetzungsaufwand führen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Zeitfenster zwischen endgültiger Beschlussfassung des europäischen Parlaments und den verpflichtenden Erstmeldungen nach Implementierung der fachlichen Neuerungen teilweise sehr kurz gewählt wurde. Aufgrund der unterschiedlichen zeitlichen Meldungserfordernisse der einzelnen Themengebiete ist der nachfolgend abgebildete Zeitplan bei der Themenpriorisierung zu berücksichtigen. Eine weitere zentrale Herausforderung besteht in der regulatorischen Unsicherheit im Hinblick auf die verfügbaren Veröffentlichungen (insb. ITS). Diese externen Faktoren müssen bei den Instituten und Softwareherstellern in der Releaseplanung entsprechend berücksichtigt werden.

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Strukturierung der Aufgabenfelder

Wir empfehlen, den Herausforderungen, welche mit der fristgerechten Implementierung der neuen gesetzlichen Vorgaben einhergehen, bereits jetzt strukturiert im Rahmen einer Vorstudie entgegenzutreten. Die folgenden Arbeitspakete sollten dabei im Rahmen der Vorstudie für jedes der relevanten Fachthemen berücksichtigt werden:

  1. Datenanalyse und Datenaufbereitung: Zu Beginn steht die Analyse der fachlichen Anforderungen im Fokus. Hier stellt sich grundsätzlich die Frage, welche zusätzlichen Datenanforderungen kommen mit Einführung der CRR II auf die Bank zu, bzw. sind diese Daten bereits systemseitig verfügbar (Ermittlung via GAP-Analyse). Möglicherweise können durch Quervalidierung der Daten auch Synergien zwischen den Meldungen oder bereichsübergreifend genutzt werden. Zudem sollten die konzeptionellen Grundlagen für die finale Umsetzung der Lösung zur Erfüllung der künftigen Meldeanforderungen inkl. Grobkonzeption und Planung über die gesamte Lieferstrecke zur Meldewesensoftware gelegt werden.
  2. Analyse von Wahlrechten und fachliche Konzeption: Hierbei werden über die fachliche Spezifikation der Berechnungs- und Reporting-Anforderungen nach CRR II die Erfordernisse Ihres eigenen Hauses berücksichtigt. Dies beinhaltet u.a. die Überprüfung auf eine effiziente Nutzung von melderelevanten Wahlrechten und genehmigungspflichtigen Sachverhalten.
  3. Proberechnungen und der Erstellung von Probemeldungen: Durch die rechtzeitige Evaluation der neu einzuhaltenen regulatorischen Mindestanforderungen mit Hilfe von Proberechnungen kann, bei Bedarf, frühzeitig strategisch gegengesteuert werden.
  4. Projektplanung: Die Ergebnisse der vorherigen Arbeitspakete der Vorstudie ermöglichen die Planung des folgenden Umsetzungsprojektes inkl. Aufwandsplanung und Budgetierung zur Meldung in den Gesamtprojektplanungsprozess 2020 und den Folgejahren.
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Mit dem Finbridge-Erfolgsmodell zum Projektziel

Aufgrund der dargestellten vielfältigen fachlichen und prozessualen Abhängigkeiten sowie Auswirkungen sollten Sie spätestens jetzt, mit der Annahme der CRR II bzw. CRD V durch das europäische Parlament, mit der Implementierung in Ihrem Hause starten. Eine Vorstudie ist dabei die optimale Variante, sich im Rahmen der genannten Arbeitspakete auf das notwendige Umsetzungsprojekt CRR II vorzubereiten. Ziel der Vorstudie sollte es sein, die Umsetzung einer automatisierten IT-Lösung unter Verwendung von professioneller Standardsoftware für die Meldeanforderungen aus der CRR II zu gewährleisten. Für das angestrebte Vorhaben empfehlen wir ein meldungsübergreifend eingesetztes Kernteam aus einem (oder je nach Institutsgröße mehreren) vielseitigen Experten. Dabei wird das Kernteam je nach Bedarf punktuell um Fachspezialisten mit themenspezifischem Know-how zu den Umsetzungen in Ihrem Hause erweitert. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass der Notwendigkeit eines frühzeitigen Handelns im Kontext MREL, Eigenmittel, Marktpreis-, Kredit- und Liquiditätsrisiko sowie der kontinuierlichen Bearbeitung der Arbeitspakete einerseits und der erwartbaren zeitlichen Verzögerung von relevanten Veröffentlichungen andererseits budgetschonend Rechnung getragen wird. Finbridge ist am Markt in Vorstudien, Proberechnungen und Umsetzungsprojekten im Kontext Aufsichtsrecht mit langjähriger Erfahrung aktiv. Unsere Experten stehen verschiedenen Kunden seit der frühen Konsultationsphase als Analyse- und Umsetzungspartner zur Seite und können für das vorliegende Projektvorhaben auf entsprechende Praxiserfahrung zurückgreifen. Darüber hinaus beteiligt sich Finbridge aktiv im Rahmen von Fachkonferenzen, QIS, FAQ und Verbandsäußerungen am Dialog mit der Aufsicht und der branchenweiten Abstimmung von Umsetzungsvorhaben. Sie haben Fragen zu den fachlichen Änderungen im Detail? Sie benötigen Unterstützung bei der Planung Ihrer Vorstudie oder ihres Umsetzungsprojektes zur CRR II? Unsere Finbridge Experten stehen Ihnen mit ihrem fachlichen Meldewesen-Know-How bei der Planung und Umsetzung gerne zur Seite. Sprechen Sie uns einfach an.


Über Finbridge

Für Sie schlagen wir Brücken: Von der komplexen Fragestellung zur erfolgreichen Lösung! Finbridge ist ein spezialisiertes Beratungsunternehmen im Bereich Financial Services. Mit über 100 hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt Finbridge Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister bei der Gestaltung und erfolgreichen Umsetzung ihres Veränderungsprozesses entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Unsere Beraterinnen und Berater verfolgen dabei stets einen umsetzungsorientierten und für Ihr Haus praktikablen Ansatz. Spezialisiertes Know-How und langjährige Erfahrung machen uns zu Experten in den Schwerpunktthemen Finanz- und Risikocontrolling, Aufsichtsrecht, Financial Engineering, Systemintegration und im übergreifenden Projektmanagement.


 

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